News Landesärztekammer ermöglicht innovative Patientenversorgung in Modellprojekten
Datum 29.03.2017
Autor Landratsamt Calw - Gesundheitsamt
Beschreibung

Paradigmenwechsel in der ärztlichen Behandlung

Landesärztekammer ermöglicht innovative Patientenversorgung in Modellprojekten

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg hat heute den Startschuss zur Bewerbungsphase für Fernbehandlungs-Modellprojekte gegeben. Dazu Kammerpräsident Dr. Ulrich Clever: „Erstmals in Deutschland gestatten wir, dass ärztliche Behandlungen ausschließlich über Kommunikationsnetze durchgeführt werden. In einer Erprobungsphase wird dies im Rahmen von Modellprojekten geschehen. Hierfür nehmen wir ab sofort Bewerbungen entgegen.“

Als eines von zahlreichen denkbaren Modellen schwebt dem Kammerpräsidenten beispielsweise vor, dass baden-württembergische Ärztinnen und Ärzte (außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen und unabhängig von Notfallpraxen) von Patienten angerufen werden. Nach telefonischer Anamnese (Erfragung von medizinisch relevanten Informationen) und Befunderhebung (gegebenenfalls unterstützt durch via Smartphone übertragene Fotos) stellen sie eine Diagnose, führen eine individuelle Beratung durch und leiten die Therapie ein, nötigenfalls auch mit Arzneimittel-Rezeptierung und Krankschreibung. Selbstverständlich gehört zu dem Telefonat auch die Aufklärung des Patienten über die besonderen Rahmenbedingen der ausschließlichen Fernbehandlung.

Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg mit überwältigender Mehrheit den Weg für den wegweisenden und bundesweit einmaligen Grundsatzbeschluss freigemacht und die ärztliche Berufsordnung geändert (siehe unten). Die Berufsordnung in Baden-Württemberg gestattet seither Modellversuche zur Fernbehandlung (die zuvor von der Landesärztekammer genehmigt und während der Laufzeit evaluiert werden müssen).

Inzwischen hat die Führung der Landesärztekammer einen umfangreichen Kriterienkatalog erarbeitet, nach dem potenzielle Bewerbungen beurteilt werden sollen. Dr. Clever erläutert: „Der Kammervorstand hat diese Verfahrensregelungen am vergangenen Wochenende einstimmig beschlossen. Eine der Bedingungen ist demnach beispielsweise, dass der medizinische Standard auch bei Fernbehandlungen eingehalten werden muss. Im Hinblick auf die Patientensicherheit müssen die krankheits- und patientenbezogenen Umstände in die Entscheidung über Art um Umfang der Fernbehandlung einbezogen werden. Auch der Datenschutz und die Qualitätssicherung haben für uns höchste Priorität.“

Ärztliche Fernbehandlungen und Telemedizin finden bereits heute deutschlandweit statt, jedoch ausschließlich bei „Bestandspatienten“. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg läutet mit ihrer Neuregelung einen Paradigmenwechsel in der ärztlichen Behandlung in Deutschland ein, ist der Kammerpräsident überzeugt. „In anderen Ländern ist das längst Versorgungsrealität. Wir reagieren nicht zuletzt auf die große Nachfrage nach derartigen innovativen Lösungen aus den Reihen unserer Mitglieder. Und auch bei Patienten, in der Politik, bei den Krankenkassen und in der Industrie ist das Interesse an unserem Vorstoß riesig“, sagt Dr. Clever. „Wir sehen in den Modellprojekten vielfältige Chancen für die Zukunft, gerade auch vor dem Hintergrund der Demografie und des technisch Machbaren. Und wir gehen davon aus, dass wir mit unserem Weg auch dem allenthalben spürbaren Ärztemangel ein Stück weit begegnen können“, gibt sich der Kammerpräsident optimistisch.

 

Hinweis zur Berufsordnung

Paragraf 7 Absatz 4 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg bildet die Grundlage der beschriebenen Maßnahmen:

„Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt. Modellprojekte, insbesondere zur Forschung, in denen ärztliche Behandlungen ausschließlich über Kommunikationsnetze durchgeführt werden, bedürfen der Genehmigung durch die Landesärztekammer und sind zu evaluieren.

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